Lützerath: Das Braunkohle-Dilemma
Ein kleines Dorf unter Mönchengladbach sorgt aktuell für viele Schlagzeilen: Lützerath. Dort fanden in den vergangenen Tagen mehrere Demonstrationen und Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Protestanten statt. Aber wieso eigentlich? Fangen wir ganz von vorne an.
Braunkohle: Fluch und Segen
Unter dieser eigentlich so friedlichen Gegend namens Lützerath wurden riesige Braunkohlevorkommen gefunden, ganze 280 Millionen Tonnen – und aktuell benötigen wir viel Braunkohle. Denn aufgrund der kritischen Beziehung zu Russland bezieht Deutschland weniger Erdöl von dort, doch das Öl brauchen wir unter anderem für die Stromversorgung. Jetzt ist die Bundesregierung der Meinung, verstärkt Braunkohle als Alternative für die Stromversorgung zu nutzen, schließlich ist laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Braunkohle „derzeit noch der wichtigste einheimische fossile Energierohstoff“ und wird überwiegend „zur Strom- und Fernwärmeerzeugung eingesetzt“. 2021 war Kohle der wichtigste Energieträger zur Stromerzeugung in Deutschland, so das Statistische Bundesamt.
Das Problem: Deutschlands Klimaziel ist es, 2030 den Braunkohle-Abbau und ihre Verwendung für die Stromversorgung abzuschaffen. Für die Energiewende möchte man unter anderem auf Solar- und Windkraftwerke setzen, der durch Kohle erschaffene Strom ist jedoch produktiver. Doch Klimaaktivisten erheben sich; ihnen gefällt das nicht, denn Braunkohle ist sehr umweltschädlich.
Und genau deshalb ist Lützerath aktuell ein so großes Thema. Denn neben dem Dorf befindet sich bereits ein Braunkohletagebau und dieses möchte der Energiekonzern RWE seit vielen Jahren erweitern – die aktuelle Energiekrise sei nun ein zusätzlicher Grund dafür.
Lieber Braunkohle als Obdach?
Was geschah mit den Menschen aus Lützerath? Natürlich mussten sie erstmal ihre Häuser verlassen, damit diese abgerissen und die Kohle darunter geerntet werden kann. Das passierte aber nicht von jetzt auf gleich. Seit 2006 wurden die wenigen 100 Bewohner des kleinen Dorfs umgesiedelt, der letzte zog vergangenes Jahr von Zuhause aus.
Die Proteste richteten sich auch dagegen: Sollen die Menschen einfach so ihr Zuhause aufgeben, damit sich die Regierung und Großkonzerne weiter vom eigentlichen Klimaziel entfernen? Umweltaktivisten sagen „Nein!“ und verbarrikadierten sich deshalb in den Häusern Lützeraths. Außerdem fanden zahlreiche Demonstrationen in der Gegend statt, an denen auch die bekannte Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg teilnahm. Der Höhepunkt folgte aber erst neulich.
Großdemonstration eskaliert
Am Samstag, den 14. Januar 2023, fand eine riesige Demo statt, man schätzt die Zahl der Aktivisten auf 15.000 bis 35.000. Die Forderung war, das Abbaggern von Lützerath zu stoppen.
Laut den Polizeibeamten hätten sie die Situation ruhig regeln können, aber die Protestanten seien einzig und allein schuld an der Eskalation. Demonstranten sollen Polizisten mit Pfefferspray attackiert und mit Steinen beworfen haben. Aber auch auf der anderen Seite gibt es Gewaltvorwürfe, denn angeblich wurde auch die Polizei ein wenig übergriffig.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Großdemonstration ist vorbei und die Räumungen wurden mittlerweile abgeschlossen, doch die Proteste laufen an anderen Stellen weiter. Laut RWEs Firmensprecher soll der Kohleabbau schon im März oder April anfangen, allerdings gehören dem Energiekonzern noch nicht alle Flächen in Lützerath. Ob RWE seine Pläne umsetzen kann, bleibt also noch offen.